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Eine Methode aus dem 19. Jahrhundert

Weltweit werden Millionen von Tieren in wissenschaftlichen Experimenten eingesetzt. Anhand der Ergebnisse werden Medikamente und Therapien für den Menschen entwickelt. Die Forschung selbst zeigt aber: Rückschlüsse vom Tierexperiment auf den Menschen zu ziehen, ist risikoreich und stellt einen ethisch fragwürdigen Umweg dar. Dennoch wird hartnäckig am veralteten Tierversuch festgehalten.

In der Schweiz werden jährlich an über einer halben Million Tieren Versuche durchgeführt. Davon ist die grosse Mehrheit belastend für die Tiere. Mäuse und Ratten werden mit Abstand am häufigsten eingesetzt, beides Tierarten, die in der Bevölkerung wenig Sympathien erwecken. Auch wenn in der Schweiz die gesetzlichen Vorgaben für Tierversuche streng sind, gibt es hierzulande aus Tierschutzsicht viele Defizite:

  • Bewilligungsverfahren

    Forschende, die in der Schweiz einen Tierversuch durchführen möchten, müssen eine Bewilligung beantragen. Das Bewilligungsverfahren ist jedoch eine Farce, da kaum jemals ein Gesuch abgelehnt wird, obschon es dafür ausreichende Gründe gäbe. Zudem sind die Tierschutzvertreter*innen in den Tierversuchskommissionen gegenüber der Forscherseite massiv untervertreten.

  • Haltung

    Für die Haltung von Labortieren gelten spezielle gesetzliche Vorgaben. Diese sind deutlich weniger streng als für Heimtiere. So muss einer Labormaus nur 100 cm2 Platz zur Verfügung gestellt werden – 2/3 einer Postkarte! Diese Haltung kann den neugierigen und aktiven Tieren nicht gerecht werden. Extreme Langeweile und Verhaltensstörungen sind vorprogrammiert.

  • Zucht

    Versuchstiere werden meist speziell für die Versuche gezüchtet. Doch nicht einmal 50 % der produzierten Tiere sind für einen Tierversuch geeignet, da entweder das Geschlecht oder die genetischen Modifizierungen nicht stimmen. Diese „überzähligen“ Tiere landen ohne Lebenssinn direkt im Mülleimer. Diese Praxis ist ethisch verwerflich und widerspricht dem 3R-Prinzip (replace – reduce – refine), das gesetzlich vorgeschrieben ist.

  • Genetische Leiden

    Ob Nacktmäuse ohne funktionierendes Immunsystem oder Mäuse, die genetisch fettleibig sind – in der Schweiz sind über 30 % der Versuchstiere genetisch modifiziert. So werden in den Laboren Kreaturen fabriziert, die dem Menschen noch ähnlicher sein sollen. Viele dieser Mutationen sind belastend und werden den Tieren zusätzlich zur Belastung durch den Versuch zugemutet.

  • Tod nach Versuchsende

    Nach dem Versuch wird die grosse Mehrheit der Tiere euthanasiert, da sie nach „getaner Arbeit“ im Labor weder Platz noch Verwendung finden. Dies ist die gängige Praxis obschon es alternative Lösungen gäbe. Ein Rehoming-Angebot, bei dem ausgediente Labortiere ihren Lebensabend als Haustier geniessen könnten, fehlt weitgehend.

Das Umdenken lässt auf sich warten

Moderne Forschung muss Tierversuche möglichst vermeiden. Das verlangt nicht nur das Gesetz. Es wäre heute dank vieler qualitativ hochwertiger Alternativmethoden auch weitgehend möglich. Leider findet der Umstieg auf versuchstierfreie Methoden aber nur sehr zögerlich statt. Die Gründe sind vielfältig:

  • Tierschutz

    Die Interessen der Tiere werden den Interessen des Menschen systematisch untergeordnet. Fast ebenso systematisch wird das Leiden der Versuchstiere unterbewertet oder herabgespielt. Auf diese Art wird praktisch jeder noch so grausame oder nutzlose Tierversuch gerechtfertigt. Eine seriöse Güterabwägung zwischen Tierleid und Fortschritt, wie das Gesetz sie vorsieht, sieht anders aus.

  • Forschungsstrategie

    Nach wie vor gilt der Tierversuch als Goldstandard, besonders an Hochschulen, die mit Steuergeldern finanziert werden. Eine grosse Anzahl Forschungsgruppen aus verschiedensten Fachrichtungen experimentiert mit Tieren, junge Forschende werden bereits in der Ausbildung in Tierversuche eingebunden.

  • Forschungsförderung

    Während der Staat (Schweizerischer Nationalfonds) für die Durchführung von Tierversuchen riesige Geldsummen ausgibt, ist die finanzielle Förderung von Alternativmethoden im Vergleich lächerlich klein.

  • Bildungsschwerpunkte

    Wie bei der Mittelverteilung kommen tierfreie Methoden auch in der akademischen Ausbildung zu kurz. Studierende der Medizin und der Naturwissenschaften werden viel zu wenig auf Alternativmethoden sensibilisiert und „landen“ mit hoher Wahrscheinlichkeit bei Tierversuchen. Ihre Karriere ist damit vorgezeichnet.

  • Politischer Wille

    An politischen Vorstössen, die zum Umdenken und zu Gesetzesänderungen anregen, fehlt es nicht. Doch Parlament und Bundesrat drücken sich vor entschiedenen Schritten. Das ist bedauerlich, andere Länder (wie z.B. die Niederlande mit einem konkreten Ausstiegsplan) sind da schon weiter.

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